Bericht verfasst von Jan und Dätti
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Jan meint…
Manchmal ruft der Berg und dieses Mal sogar ein ganz bestimmter. Nämlich die Hohe Winde – wer diese 1204 Meter hohe Erhebung im Jura noch nicht kennt, sollte das schleunigst nachholen, denn auch für eine Wanderung lohnt dieser Berg allemal. Da unser Vereinsmitglied Ramon einer der drei Organisatoren des ersten Hohe Winde Marathons war, stellte sich gleich eine ganze Horde LSVBler dieser Herausforderung der ersten Austragung.

Toni - 5. Gesamtrang, 3h 50m
Toni – 5. Gesamtrang, 3h 50m

Die Fakten vom Lauf liessen auch gleich erkennen, dass dies kein gewöhnlicher Frühlingsmarathon würde, denn mit 1600 Höhenmetern war klar, dass hier kein lockeres Einlaufen in die Saison stattfinden würde. Auch der Halbmarathon war nicht ohne, denn der legte erst mal rund 2.5 Kilometer hintendran und war somit rund 23.5 Kilometer lang und spendierte knapp 700 Höhenmeter obendrauf. Damit gar keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit dieses Rennens mehr blieben, fand das Ganze mehrheitlich auf Trails statt.
Gut beraten waren also alle Läufer, welche sich diese Strecke vorher einmal angeschaut hatten. Manuel Jonasch war bei so einem Vorbereitungslauf dabei und kann ein Lied davon singen wie es sich anfühlt mit normalen Strassenschuhen diese Strecke zu laufen. Zumal dort noch viel Schnee auf der Strecke lag. Von diesem blieben die Läufer am Renntag allerdings verschont, zu warm war es in den letzten Wochen gewesen. Und schon früh war klar, dass am Renntag bestes Wetter herrschen würde. Somit war die Strecke also trocken und gut zu laufen – was es zwar einfacher aber  keineswegs leicht machte. Denn einfach ist relativ auf einer schweren Strecke.
Bleiben zwei Dinge zu klären bevor das Rennen überhaupt gestartet wurde. Was hat Piero genau gemacht als die Streckenbesprechung stattfand? Und wie konnte uns Roland auf der kurzen Strecke von der Halle bis zur Startlinie abhanden kommen? Ein klares DNS (did not start) bezeugt, dass er dort nie angekommen war.
Wenig später wurden also die 250 Läuferinnen und Läufer auf die Strecke geschickt, nicht ohne vorher gekonnt dafür gesorgt zu haben, dass in und um Brislach auch jeder wach war.

Danach ging es ohne Hektik los und schnell konnten sich alle auf ihr gewünschtes Wohlfültempo einpegeln. Nach Rund 7 Kilometern trafen die Läufer nach und nach in Erschwil ein, wo sich die Strecke verzweigte. Und dann kam Piero – der alle Schilder gekonnt ignorierte und geradeaus weiter lief, immer schön den Marathonläufern hinterher. Was sich so erst einmal gut anhört – relativiert sich jedoch schnell wenn der Plan eigentlich Halbmarathon geheissen hatte.
Der Rest des Halbmarathons ist schnell erzählt, von Erschwil ging es auf den Meltinger Berg, die Hohe Winde welche unserem Lauf den Namen gab, konnten wir auf der anderen Talseite begutachten, betreten haben wir diesen Berg allerdings nicht. Vielleicht müsste der Halbmarathon im nächsen Jahr Hohe-Winde-ich-schau-dich-an-Halbmarathon heissen.
Dies hat der Halbmarathonstrecke aber keinen Abbruch getan, schön war auch sie. Über Meltingen ging es hinunter ins Chaltbrunnental immer einem schönen Trail folgend.
So kamen alle Halbmarathonstreckenbezwinger nach und nach ins Ziel, nur einer nicht – Piero! Niemand wusste wo er war und es wurden Nachforschungen zu seinem Verbleib angestellt. Diese verliefen anfänglich im Sande, später kristallisierte sich heraus, dass er bis zum Passwang gelaufen war und dort nette Menschen gefunden hatten, die ihn im Auto zurück ins Ziel brachten. Im Gegensatz zu Roland hatte er nun ein DNF in der Rangliste (did not finish) und wir ein gutes Gefühl das nix passiert war.
Wir Halbmarathonläufer konnten nun mit der Regeneration beginnen während unsere Marathonhelden noch auf der Strecke waren. Immerhin kann ich heute (Dienstag) wieder einigermassen flüssig die Treppen runterlaufen.
Den Marathon erklärt Dätti …
Michael, Ramon und Roman
Michael, Ramon, Roman (v.l.)

… Die Idee zum 1. Hohe Winde Trail-Marathon stammt von drei begeisterten Trail-Runnern: Ramon, Roman und Michael. Ihre Begeisterung spürt man unterwegs auf jedem Meter, sie wird quasi zum Geist des Anlasses.
Das obligatorische Briefing vor dem Start bestätigt den professionellen Eindruck bei der Organisation. Letzte Details sind zu erklären. Nicht ganz unwesentlich, wo sich Halbmarathon und Marathonstrecke trennen, in Erschwil nämlich. Obwohl, auch das war deutlich markiert.
Piero teilt mit, er hätte umgemeldet, er laufe heute nur den Halben. 30 Minuten nach der Verzweigung (links halber, rechts ganzer Marathon) hole ich Piero ein. Mir ist schnell klar, der wollte mich nur täuschen. Ich bin doch nicht doof. Falsche Tatsachen verbreiten. Die Konkurrenz verwirren. Aber nicht mit mir, ich habe ihn durchschaut. Wir laufen gemeinsam und er gibt mir den Tipp: «Pass auf, dass du dich nicht verläufst!» Das fand ich keck, denn ich kenne hier jeden Meter.
Von hier noch 20 Kilometer, dann kommt man auf der Krete links am Horizont vorbei - auf geht's!
Von hier noch 20 Kilometer, dann kommt man auf der Krete links am Horizont vorbei – auf geht’s!

Der Parcours ist perfekt geplant. Das Wetter war Spitze, wie die Woche davor und darum die Trails in perfektem Zustand. Man konnte es so richtig fliegen lassen. Unterdessen läuft Dominik mit mir.  Der weiss auch, wie das geht, fliegen lassen. Wir fliegen gemeinsam in Formation über die Trails. Geile Sache. Viele Plätze gut machen ist die Devise, denn im Flachen oder steil bergauf bin ich nicht der schnellste. Dominik schon, er zieht da von dannen.
Die Hohe Winde liegt auf 1200 Metern und damit der grösste Anstieg hinter uns. Das heisst überhaupt nicht, dass die Wegstrecke auf dem Höhenzug weiter zum Passwang flach und einfach wäre. Denn die Choreographie sieht vor, dass wir gleich wieder eine Menge Höhenmeter vernichten. So wird uns nicht langweilig. Je mehr hinunter, je mehr müssen wir zum Passwang wieder hoch laufen 🙁
Hinunter von der Hohen Winde, kurz vor der Verpflegung auf dem Erzberg
Hinunter von der Hohen Winde, kurz vor der Verpflegung auf dem Erzberg

Dann vom Vogelberg, zur Hohwacht Lücke bis zur Ulmet Höhe laufen wir im Bann der schönsten baselbieter Gemeinde: Lauwil. In weiter Ferne der Schwarzwald, die Vogesen, Gempen-Fluh, Chrischona und Roche-Turm – fehlt nichts, alles da. Via Bretzwiler Stierenberg zum Nunniger Berg und weiter zum Meltinger Berg.
Jetzt beginnt sich die Flugstunde mit Dominik bemerkbar zu machen. Bin müde, ungelenkig, die Beine schwer und ich nicht mehr so aufmerksam. Keine Angst, verlaufen – wovor mich Piero warnte – ist keine Option, wie gesagt, ich kenne hier jeden Stein.
Fast jeden, wie mir beim Abrollen über den linken Ellenbogen, linke Schulter und Hüfte bewusst wird. Hand und Ellenbogen schmerzen, scheissegal die brauche ich nicht zum Laufen. Hauptsache Zeit ist bei dieser Einlage nicht verloren gegangen. Die noch grössere Erleichterung folgt auf einen Rundumblick, niemand konnte das beobachten. Kein Augenzeuge der meine Dämlichkeit verraten könnte – psychologisch wertvoll.
Nach einer Weile ein lustiges Gefühl am Schienbein. Kurzes Nachsehen bestätigt, der Stoffwechsel im Körper funktioniert optimal. Von der Lunge mit Sauerstoff best möglich angereichertes, frischestes, arterielles Blut leuchtet hellrot am Schienbein. Es rinnt mir vom Knie direkt in den Schuh rein. Damit lässt sich meine Dämlichkeit dann doch unmöglich verheimlichen.
Passwang: brauchst dich nicht wundern, wo Berglauf drauf steht, ist Berglauf drin.
Passwang: brauchst dich nicht wundern, wo Berglauf drauf steht, ist Berglauf drin.

Bald merke ich, welchen Eindruck ich bei Wanderern und Zuschauern hinterlasse: den eines Schweins, welches zum Ausbluten aufgehangen ist. Wie Veganer und Tierschützer mit dem Schlachtschwein, so leiden die Passanten mit mir vermeintlich armen Sau mit.
Dieses Mitleiden ist vergebens. Denn a) ein totes Schwein spürt nichts und b) ich bin zwar nicht tot, doch ich fühle genau so wenig Schmerz wie beim Metzger mein toter Verwandter. Keine Beeinträchtigung beim Rennen. Hätte ich die Sauerei an meinem Bein nicht mit eigenen Augen gesehen, ich hätte es keinem geglaubt. Schmerzfrei, sieht aber spektakulär aus. Je mehr Reaktionen ich dazu kriegte, um so cooler finde ich’s. Offerten für meine Wiederbelebung am Posten pflichtbewusster Sanitäter, wehre ich dankend ab, dazu fehlt mir Zeit und Lust, denn vor uns liegt das Chaltbrunnental. Da will ich es nochmals so richtig fliegen lassen, denn es ist der letzte Trail-Abschnitt vom Marathon.

Das gelingt dann doch nicht, ich bin zu platt. Simon holt mich ein. Er ist schneller, trotzdem laufen wir zusammen zu Ende. Simon abgeklatscht und schon werden wir getrennt. Man will mich verarzten. Aber das will ich nicht. Ich hatte noch kein Bier. Jetzt kommt Ramon, er bringt mir eines. Es gehört zur offiziellen Zielverpflegung – welch vorbildliche Organisatoren!
Im Sanitätszimmer gab es wegen des allgemeinen Wohlbefindens der Läufer nichts zu tun. Der Nachteil dabei, erscheint eine ausblutende Sau, fallen sie gleich zu viert über einem her. Die Hautfetzen wurden dahin geklebt, wo sie heute Morgen mal waren. Alles schön geputzt und bandagiert. Sie entlassen mich, das wurde auch langsam Zeit, weil die Bierflasche ist leer. Ich treffe die anderen. Simon erkennt den Ernst der Lage – er holt mir sofort noch ein Bier. Piero ist da. Erst jetzt erfahre ich, er hat mich nicht belogen. Er wollte tatsächlich den Halbmarathon bestreiten.
Das heisst, als er mich vor dem Verlaufen warnte, war er selber bereits verloren gegangen, verlaufen auf dem falschem Weg. Und ich wollte dabei auf seine Belehrung etwa wie folgt erwidern: «Und du pass selber auf! Nicht dass du auf die Fresse fällst und dich verletzt!», hatte aber damals keine Luft dazu. Da habe ich – im Nachhinein betrachtet – wieder mal richtig Schwein gehabt.
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8 thoughts on “Hohe Winde Trail-Marathon

    1. Ja als ich am Freitagmorgen den Schneefall gesehen habe, habe ich erst mal drei Kreuze gemacht. Das wäre dann ein sehr harter Lauf geworden mit so einem Wetter… Die Organisatoren haben also alles richtig gemacht. Eine Woche später wäre es böse gewesen….

  1. Hallo Jan und Andy
    Zuerst möchte ich euch zu diesem Toplauf gratulieren.
    Eure humorvoll erzählten Erfahrungen kann ich gut nachfühlen. Ich habe die Halbmarathon-Strecke in Angriff genommen und war danach wie Jan auch eine gute Woche außer Betrieb.
    Trotz der längst ausgebuchten Startliste ließ ich mir diese Gelegenheit nicht entgehen.
    Es war der erste richtige Trail den ich absolvieren durfte und ein toller Lauftag. An die Organisatoren Roman, Ramon und Michael ein großes Kompliment und herzlichen Dank für diesen wirklich cool und erfolgreich durchgeführten Event.

  2. DNS .. habe versucht bis zum Start meine kapputte Beine lauffähig zu machen .. ohne Erfolg. Aber gab’s LSVB-Pasta-Overdose abzubauen .. so Velo über Challpass, Movelier, Scheltenpass und Passwang .. leider zu spät zu kalt und zu müde in Brislach anzuhalten. Gratulierung an alle die es geschafft haben .. Piero auch 😉

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