«Leistungssport war ursprünglich kein Thema.»

Lukas Oldani wurde 1980 in der Schweiz geboren. Als gelernter Schreiner studierte er nachträglich Informatik und hat erst spät mit der Leichtathletik und dem Ausdauersport begonnen. Seine Hauptdisziplin ist heute der flache Marathonlauf. 100% berufstätig und verheiratet konnte er seine Marathonzeit im Frühjahr 2011 auf 2:30 verbessern. Seit rund drei Jahren trainiert er nun beim LSV Basel.
Hallo Lukas, Zuerst einmal ganz herzlichen Dank, dass du mir so rasch und unkompliziert für das Interview zugesagt und deine Mittagspause dafür ’spendiert› hast. Am meisten interessiert mich, wie und wann du zum Laufsport gekommen bist?
Lukas: Das war 2002, mit 22 Jahren. Da habe ich, als ich mit meiner Lehre fertig war, nach dem Motto «Once in a Lifetime», den Entschluss gefasst, einen Marathon zu laufen. Ich habe mir den Lausanne Marathon ausgesucht, mich auch relativ seriös vorbereitet und bin dann eine Zeit von ca. 3:26 gelaufen.
Dann habe ich an der Fachhochschule Informatik studiert, und habe wieder gar keinen Sport mehr getrieben. Dazu war einfach keine Zeit.
Aber als ich mein Studium beendet hatte und angefangen habe zu arbeiten, habe ich mir ein sportliches Hobby als Ausgleich gesucht und habe wieder angefangen auf einen Marathon zu trainieren. Dann bin ich 2006 wieder in Lausanne gelaufen und habe meine Zeit auf knapp 3:15 verbessert.
Dadurch motiviert habe ich mir als neues Ziel eine Zeit unter drei Stunden gesetzt und dies ist mir auch im Jahr 2007 mit 2:55 gut gelungen.

Hast du zuvor gar keinen anderen Wettkampf gemacht, sondern direkt mit dem Marathon begonnen?
Lukas: Ja, genau. Das war natürlich im Nachhinein gesehen nicht sehr vernünftig, aber es hat ja funktioniert (grinst). Eigentlich ist es ja so, dass wenn man auf den langen Distanzen richtig schnell werden will, man erst auf die kürzeren Distanzen ein gutes Niveau erreichen sollte. Wenn man älter wird, wird es immer schwieriger den nötigen Speed dafür zu schulen. Damals habe ich das einfach nicht besser gewusst, zudem war Leistungssport zu diesem Zeitpunkt für mich kein Thema. Der erste kürzere Lauf war dann 2006 der Basler Stadtlauf.
An was hast du dich bei deinem Training für den Marathon orientiert, oder bist du einfach drauf los gelaufen?
Lukas: Ich habe ein, zwei Bücher gehabt, die auch Trainingspläne enthielten, und nach denen habe ich mich bei meinem Training gerichtet.
Heute betreibst du den Laufsport aber als Leistungssport. Wann, wie und warum hast du damit begonnen?
Lukas: 2008 bin ich dann zum LSVB gestossen und habe Rainer kennen gelernt. Mit Beginn meiner Vereinsmitgliedschaft habe ich angefangen, das Training als Leistungssport mit entsprechenden Trainingsplänen zu betreiben und habe mich dementsprechend im ersten Jahr enorm gesteigert. 2008 bin ich dann einen Marathon in 2:40 gelaufen.
Wie trainierst du heute?
Lukas: Mein Training folgt der Periodisierung über die Saison, mit zwei Wettkampfphasen, also zwei Marathons, im Frühling und Herbst. Über vier bis fünf Monate intensiviere ich mein Leistungsvermögen, wobei die Phasen alternierend Steigerungen und Entlastungen und dann Wiedereinstieg auf einem höheren Trainingsniveau umfassen.
Während der Regeneration betätige ich mich vermehrt ‹polysportiv›, fahre also Rennvelo, wandere und in den Steigerungsphasen intensiviere ich mein Training bis auf zwölf Trainingseinheiten pro Woche. Die Trainings sind jedoch puncto Umfang und Intensität sehr unterschiedlich gestaltet. Ausserdem mache ich zuhause noch Gymnastik: Stretching mit dem Theraband, Pilates sowie Koordinations- und Krafttraining mit meinem eigenen Körpergewicht anhand der Pläne von Rainer und nach einem Kurs.

Hast du noch manchmal Muskelkater?
Lukas: So gut wie nie; höchstens mal nach dem Wiedereinstieg nach der Regenerationsphase, aber der ist in der Regel nur schwach und kurz. Das ist auch ein Vorteil beim Leistungssport: man entwickelt die Fähigkeit sich schnell wieder regenerieren zu können.
Hast du spezielle Laufstrecken und wird das nicht mit der Zeit langweilig?
Lukas: Oft laufe ich von der Arbeit nach Hause, von Basel nach Gelterkinden. Das sind 25 km. So kommt es dann, dass ich manchmal ins LSVB Training mit zwei Rucksäcken komme, weil ich den vom Vortag noch dabei habe. Manchmal laufe ich auch nur Teilstrecken – bis Sissach (21 km) oder Lausen (18 km). Die Trainingsstrecken werden mir eigentlich nie langweilig. Wenn ich nicht laufen mag dann hat das meist andere Gründe.
Was ist dein Antrieb, bist du ehrgeizig?
Lukas: Ja, der Ehrgeiz ist schon mein Antrieb, aber ich habe auch gelernt, dass eine gelassene Distanz notwendig ist und mir schlussendlich als Mensch und Sportler gut tut. Ich will mich nicht über meine Leistung definieren, weder im Sport noch im Beruf. Auch der Beruf muss für mich eine Herausforderung sein und mir Spass machen.
Und wie motivierst du dich zum Laufen, besonders wenn du zweimal täglich trainierst?
Lukas: Also, direkt nach der Regenerationsphase, in der es schwierig ist, mit der plötzlich frei gewordenen Zeit etwas anzufangen, muss ich mich anfangs während der Steigerungsphase schon überwinden. Aber dann ziehe ich einfach die Laufschuhe an, ohne weiter zu denken und laufe los. Schnell bin ich dann wieder in meinem Rhythmus zum Laufen und es wird wieder ganz selbstverständlich.
Eine Einheit ausfallen lassen würde ich nicht, ausser bei Krankheit und Fieber, aber als Option laufe ich dann evtl. weniger streng als vorgesehen.
Obwohl das Laufen eine grosse Leidenschaft von mir ist gibt es auch sonst Momente in denen ich einfach keine Lust zu nichts habe, weder zum Laufen noch zu sonst etwas. Ich denke das gehört einfach zum Leben. Die Erfahrung zeigt aber, dass wenn ich mich dann trotzdem zu einem Training überwinde, dieses meist als positives Erlebnis endet.

Und bist du nie verletzt oder was machst du bei den üblichen Wehwechen, bei diesem Laufumfang?
Lukas: Ausser ganz zu Beginn meines Leistungssporttrainings, da habe ich übertrieben und habe mir einen Ermüdungsbruch im Schienbein geholt, habe ich bis jetzt eigentlich keine Verletzungen. Für diesen Ermüdungsbruch war ich aber selber schuld, den habe ich durch zu wenig Regeneration provoziert. Die üblichen Wehwehchen kommen schon vor, aber da habe ich meine Frau, als eigenen Arzt. Sie hilft mir einzuschätzen, wie gravierend allfällige Schmerzen sind. Alternative Medikamente nehme ich keine. Zur Massage sollte ich wohl öfter gehen, aber das bietet sich nicht direkt an und insofern vernachlässige ich das etwas.
Aber in die Sauna gehe ich und zur Erholung gehen meine Frau und ich gerne nach Rheinfelden ins ‹Sole Uno›. Davon haben wir dann beide etwas.

Hast du dir ein bestimmtes Ziel gesetzt, was du läuferisch erreichen möchtest, eine bestimmte Zeit, oder wie lange du den Leistungssport betreiben möchtest? Und hast du schon mal überlegt, dich sponsorn zu lassen?
Lukas: Ich habe mir keine Ziele gesetzt, um mich nicht zu blockieren, sowohl durch zu hohe Ziele als auch dadurch, dass ich mir ein Endziel setze, sondern ich lege Schritt für Schritt zurück und versuche mich auf der Basis des heutigen Standes jeweils zu verbessern. Selbstverständlich träume aber auch ich von Dingen, das ist ein wichtiger Antrieb. Viele dieser Träume durfte ich auch schon Wirklichkeit werden lassen. Ist ein Wunsch aber in Erfüllung gegangen möchte ich nicht stehenbleiben sondern weitergehen und neue Herausforderungen wagen. Hätte ich mir zum Beispiel die Dreistundenmarke im Marathon zum Endziel gesetzt, würde ich heute nicht auf dem Niveau trainieren wie ich das jetzt tue. Damals schien mir aber dieses Ziel sehr ambitioniert und ich wusste nicht ob ich zu so etwas überhaupt fähig bin.
Einen Sponsor möchte ich insofern nicht, als dass das meine Freiheit beeinträchtigen würde. Auch das Laufen profimässig zu betreiben ist keine Alternative, besonders weil es nach dem dreissigsten Lebensjahr sehr schwierig wird sich in die internationale Spitze hervorzuarbeiten. Ob ich das Talent dazu mitbringen würde ist dann nochmals eine ganz andere Frage. Ausserdem würde ich die Freude am Laufen gegen eine Verpflichtung eintauschen und das ist nicht meine Absicht. Mir gefällt es, mein Steigerungspotential auszubauen: durch die Trainingsumstellung konnte ich mich die letzten Jahren stetig steigern. Daran will ich weiterarbeiten und sehe auch noch Potential.

Nachdem du nun bei lokalen Wettkämpfen schon öfter auf den Treppchen gestanden bist, kannst du durch die Preisgelder wenigstens die Startgebühren kompensieren?
Lukas: Mein höchstes ‹Preisgeld› war vor kurzem beim Biennathlon, wo wir als Mixed Team den Gesamtsieg davon getragen haben: da hat jeder von uns eine tolle Tissot Uhr gewonnen.
Ansonsten sind die Preisgelder nicht wirklich gross. Mit Leichtathletik wird man nicht reich, oder zumindest gibt es nur ganz wenige die das können. Am Gardasee Marathon 2010 hätte ich für den 2. Platz 700 €uro gewonnen, die mir aber nie überwiesen wurden. Das «wäre» das höchste Preisgeld gewesen :-(. Wenn man aber bedenkt, dass man sich für einen Marathon sechs Monate lang vorbereitet, ist auch das nicht viel. Aber wie gesagt, wenn man viel Aufmerksamkeit will und grosse Preisgelder einsacken möchte, dann sollte man keine Leichtathletik machen. Erst recht sollte man dann nicht an internationalen Grossanlässen teilnehmen, denn dort ist es auch als guter Amateur nahezu unmöglich in die vorderen Ränge zu laufen.

Befolgst du eine bestimmte Ernährung?
Lukas: Nein, in bin ein bekennender Fresssack (lacht). Ich versuche mich ausgewogen ernähren, üblicherweise mittags in der Kantine, so gut das dort überhaupt geht. Ansonsten kochen meine Liz und ich gerne zusammen, wobei sie der Chef ist und ich die Küchenhilfe. Diese Hierarchie kommt aber von mir, Liz hört das nicht so gerne :-).
Wenn der Wettkampf am Sonntag ist, steigere ich ab Mittwoch die Kohlenhydratzufuhr, aber zuvor die Kohlenhydratspeicher speziell mit einer eiweisshaltigen Ernährung zu leeren, das tue ich nicht, so wie das andere machen.

Du hast schon erwähnt, dass du in der Regenerationsphase Rennvelo fährst und wanderst. Betreibst du noch andere Sportarten und was macht deine Frau – läuft sie auch ab und zu mit dir?
Lukas: Liz kommt oft an den Wochenenden mit zu Laufanlässen und unterstützt mich, betreibt selbst aber andere Sportarten.
Wenn ich nicht laufe, fahre ich auch Inliner und mache im Winter eine Woche lang Skilanglauf, Skating, was auch zum Grundlagentraining beiträgt. Aber wenn ich im Engadin für die Strecke, die ich im Sommer – da sind wir auch öfter im Engadin – laufend zurück gelegt habe, den Lift benötige, dann macht mir das nicht mehr so viel Spass.
Wenn wir wandern, ist das zum Beispiel die Gegend um Grindelwald, von Wengen auf den Männlichen. Oder hier, eher Spaziergänge nach Anwil, zwei bis drei Stunden.

Was machst du in puncto «Mentaltraining», während dem Training, vor und im Wettkampf?
Lukas: Dies wende ich massgeblich vor dem Wettkampf an, die letzten zwei Wochen: Ich gehe die Strecke immer wieder im Geist durch, spiele die Abläufe mit allen Eventualitäten, von Anreise, Startnummerholen bis zum Lauf mit ankommen im Ziel immer wieder durch, empfinde meine Wahrnehmungen währenddessen. Das stärkt mein «self-confident», man ist den Geschehnissen nicht so hilflos ausgeliefert, weil man alles schon überlegt hat. Meine Reaktionen sind «durchgespielt», so dass ich im Wettkampf ganz präsent und fokussiert sein kann.
Hast du Rituale vor dem Wettkampf oder Maskottchen?
Lukas: Ich backe gerne vor dem Wettkampf, aber auch sonst tue ich das gerne. Wenn ich zuhause bin, backe ich mir dann mein eigenes Brot, oder einen Zopf. Das hat etwas rituelles für mich. Zudem hilft mir dies mich von der aufkommenden Nervosität abzulenken, denn trainieren sollte ich zu diesem Zeitpunkt ja nicht mehr. Vor dem Wettkampf essen ich Zopf oder Weissbrot, mit Honig. Sonst habe ich keine Rituale oder ein Maskottchen.
Nun zum LSVB: was gefällt dir, ist dir wichtig und was magst du weniger?
Lukas: Ich finde gut, dass der LSVB viele verschiedene Bedürfnisse abdeckt: die breite Masse ist ebenso vertreten wie der Leistungssport. Die Trainingslager bieten die Möglichkeit, auch andere Läufer kennen zu lernen, die sonst in anderen Gruppen trainieren.
Ausserdem finde ich die Arbeit von Rainer extrem gut und wichtig, ohne ihn würde ich heute nicht da stehen wo ich bin. Dass der Leistungssport unterstützt wird, war für mich der Anreiz für die Mitgliedschaft.
Aber mehr schnelle Läufer mit denen ich trainieren kann wären von Vorteil. Damit würde mehr Konkurrenz herrschen. Ausserdem sollte der Leistungssport auf mehrere Personen verteilt werden.
Der LSVB ist als Verein ein Pool für Menschen gleicher Interessen, alle sind im gewissen Sinn aktivitätsorientiert. In den Gruppen 4-5 wird der Gemeinschaft und dem Spass wohl mehr Gewicht gegeben. Aber auch in diesen Gruppen sollte ein intensiveres Training möglich sein, um Fortschritte zu erreichen, aber ich kann nicht beurteilen, ob das auch gewünscht wird.
Die anderen Vereinsaktivitäten sind ein positiver Nebeneffekt, gehören aber nicht zu unserer Kernkompetenz.

Was hältst du von der Vereinsmeisterschaft?
Lukas: Mir ist sie nicht wichtig und ich finde sie auch nicht wirklich gut, weil das Regelwerk meiner Meinung nach die tatsächliche Leistung nicht zwingend reflektiert.
Aber dafür gibt es ja noch die Übersicht der «schnellsten Läufer» auf diversen Distanzen, während bei den Vereinsmeisterschaften auch weniger schnelle Läufer eine Chance haben.

Was hältst du von unserer Beteiligung am Manor RTTB Basel Marathon?
Lukas: Ich finde das eine grossartige Chance für unseren Verein, und die Leistung, die das OK vollbringt, ist enorm. Schade ist, dass die Teilnehmerzahl nicht höher ist. Es ist zu hoffen, dass diese noch steigt. Allerdings das Konzept, mit der Musik, das ist noch ausbaufähig. Es wären auf alle Fälle mehr Bands und live-Musik an der Strecke, auch als Laufunterstützung, wünschenswert. Sonst muss man einen solchen Anlass nicht als «Run To The Beat» anpreisen.
Du bist ja unser Web-Master. Was ist deine Motivation für deinen Einsatz?
Lukas: Nun, ich bin halt Informatiker und als ich gesehen habe, wie die LSVB Homepage aufgebaut war, musste ich mich einfach engagieren, obwohl ich im Webbereich keine professionelle Erfahrung habe. Die Homepage war sehr schwerfällig und kompliziert, ausserdem recht uneinheitlich. Ich hoffe, wenn dann mal alles gut programmiert ist und einfach anzuwenden, dass ich mein Amt wieder abgeben kann.
Viel Zeit, neben dem intensiven Training, wirst du wohl nicht haben, aber hast du noch andere Hobbys und Interessen?
Lukas: Ja es ist tatsächlich so, dass mir momentan die Zeit für viele andere Dinge die ich gerne tun würde fehlt. Ich habe früher mal in Bands leidenschaftlich E-Bass gespielt. Leider musste ich aber seitdem ich angefangen habe leistungsorientiert zu trainieren damit aufhören. Ansonsten gehe ich gerne an Konzerte, von klassisch bis Rock und Jazz; auch an Open-Air Konzerte. Theater mag ich auch, verschiedene Stilrichtungen und ins Kino gehe ich etwa alle halbe Jahre.
Was kannst du gar nicht leiden, was ärgert dich?
Lukas: Ich mag es nicht, wenn Leute viel reden, ihr Lebensstil aber nicht dazu passt. Wenn jemand grosse Töne schwingt dann finde ich, dass man zu Recht etwas erwarten darf.
Lukas, ich danke dir ganz herzlich dafür, dass du mir Rede und Antwort gestanden hast und dass du uns Einblicke in deinen Trainingsaufbau und die Gestaltung gewährt hast. Ich wünsche dir noch einen schönen Nachmittag und weiterhin viele sportliche Erfolge.

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