Mein Abschied vom Halbmarathon

Ein Bericht von Erwin Kabis
Nach 2 Hunderten in Biel, 6 Marathons und etwa 50 Halbmarathons fasste ich am Marathon Light in Sarnen am 4. September den Entschluss, dass ich nun, im zarten Alter von bald 78 Jahren, etwas kürzer treten werde und dies nicht nur in den Steigungen auf den Laufstrecken, sondern im übertragenen Sinne in den Distanzen der Läufe. Natürlich fiel mir dieser Entschluss nicht sehr leicht, hatte ich doch einige ganz schöne und unvergessliche Läufe über diese Distanz mitmachen dürfen. Vor allem bleibt mir der Team-Europameistertitel der Masters im Jahre 2015 in Grosseto/Italien über die Halbmarathondistanz in bleibender Erinnerung.
medallieAber auch die Läufe in München, Amsterdam und natürlich Wien mit den Walzerklängen auf der Strecke werde ich nie vergessen. Vor allem aber die ganz einmaligen und «romantischen» Vollmondnächte an den Bieler Lauftagen werden mir ganz bestimmt fehlen.
Ganz speziell waren auch immer die Läufe in Lausanne für mich. Da konnte ich in meiner geliebten Romandie oft die tollsten Wetterkapriolen erleben. Schnee, Regen, starker Gegenwind und Sonne – alles innerhalb von knapp 2 Stunden waren oft der Fall. Unübertroffen punkto Schlechtwetter war aber dieses Jahr der «Trail de l’Absinthe» in Couvet im Val de Travers. Man sagt ja, es gebe kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung. Aber dieses Jahr nützte auch die beste Ausrüstung nichts mehr. Nach mehreren Regentagen war der Boden so sehr aufgeweicht, dass man als Läufer knöcheltief im Morast mehr oder weniger stecken blieb! Aber gerade deswegen bleibt mir dieser Lauf auch in bester (!) Erinnerung und die offerierte «Grüne Fee» nach dem Lauf genoss ich dann dafür doppelt!
Ja, und dann war da eben auch noch der schon erwähnte «Marathon Light» dieses Jahr. Eigentlich ging ich voller Optimismus an den Start. Dieser erfolgte um 11 Uhr bei schwülwarmen Temperaturen und schon bald waren alle Läuferinnen und Läufer ziemlich schweissgebadet. Je länger der Lauf dauerte, umso schwerer wurden meine Beine. Da halfen auch die vielen Fans und die Fahnenschwinger, Trychler, Alphornbläser, Handörgeler und Jodler, die alle für eine einmalige Ambiance auf dieser ganz einmaligen Strecke sorgten, nichts mehr. Auch die Wasserduschen unterwegs brachten nicht mehr viel. Das Laufen wurde für mich zum Leiden und da kam ich mir zum ersten Mal so richtig «alt» vor, zumal mich Läuferinnen und Läufer überholten, die ich eigentlich bisher immer hinter mir gelassen hatte. Das war sehr, sehr bitter und zum ersten Mal hatte ich am Laufen keine Freude mehr – und das war noch bitterer. Als ich dann endlich im Ziel war, hatte ich den Entschluss gefasst: Halbmarathon ade!
Und so startete ich am 17. September am Greifenseelauf zu meinem letzten «Halbeli» und es machte mir wieder so richtig Spass und ich genoss diesen «Letzten» noch einmal so richtig und ich liess auch wieder diejenigen, die mich in Sarnen sooo sehr «gedemütigt» (!) hatten, hinter mir. Aber nichtsdestotrotz – ich bleibe bei meinem Entschluss: Kein Halbmarathon mehr! Der Greifenseelauf war für mich ein wirklich erGREIFender und würdiger Schlusspunkt für diese Distanz.
Aber ich möchte zum Schluss doch auch noch erwähnen, dass jeder Lauf für mich immer etwas Spezielles war und vor allem genoss ich immer wieder die tolle Kameradschaft mit den vielen Altersgenossinnen und -genossen, die ich jeweils an den verschiedensten Läufen antraf und mit denen ich mich messen durfte und die ich jetzt hoffentlich auch noch auf den kürzeren Strecken wieder antreffen werde.

5 thoughts on “Kürzer treten – länger laufen!

  1. Lieber Erwin, das steht mir alles noch bevor. Doch so ausführlich, wie du diesen erGREIFENden Abschied schilderst, darob staune ich echt. Da verblasst meine erst ca 15 Jahre dauernde Läuferkarriere.
    Ich freue mich, weiterhin im Training an deiner Seite zu laufen und mich mit dir an einem kürzeren Lauf zu messen. Bleib gesund und sei herzlich gegrüsst von deinem 1 Jahr jüngeren Laufkollegen Reini

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