Bericht verfasst von Kurt Bieri
Auf diese Etappe habe ich mich am meisten gefreut. Denn es ist die Etappe, welche ich wegen Schnee nicht vorab auskundschaften konnte. Heute war das Wetter perfekt und der Gemmipass offen. Ob es noch Schnee auf dem Weg hat werden wir noch sehen.
Weil ich die Etappe 4 schon in Frutigen beendete, habe ich beschlossen das Teilstück mit Blausee bis Kandersteg am Morgen zum Aufwärmen zu laufen. Dazu bin ich einen Tag vorher angereist und habe in Frutigen übernachtet. Als Stärkung bot das Hotel am Vorabend eine grosse Auswahl an Röstis und Cordon-Bleu. Ich zögerte kurz, ob ich doch das 2 Kilo Cordon-Bleu mit Rösti nehmen sollte. Doch ich winkte ab, denn mit 2 Kilo mehr auf der Hüfte auf das Gemmi (2300 MüM) zu klettern wäre ein zu grosses Handicap.
Am morgen früh um 7:30 ging das Abenteuer los. Entlang der Kander und dann Hoch zum Blausee. Die Sonne blitze schon über die Alpenkette, welche sich im Blausee spiegelte. Wunderschön. Kräftesparend ging es weiter am tosenden Fluss entlang Richtung Kandersteg.
Am Bahnhof wartete ich auf meine Weggefährten, welche sich dieses Abenteuer nicht entgehen wollten. Nachdem alle angekommen sind, starteten wir gemeinsam Richtung Wallis. An der Talstation Almenalp sahen wir die Klettersteigler, welche sich neben dem Almenbachfall am Felsen hoch wagten. Einer der schönsten Klettersteige, die auch ich schon mal durchquert habe. Kurz darauf folgen wir dem Schwarzbach in ein felsiges Tal.
Auf dem steilen Anstieg überholen wir im Eiltempo eine wandernde Senioren Gruppen und einige Touristen. Gemäss Wandertafel werden diese den Gemmipass erst in 5 Stunden erreichen. Mit unserer angeschlagenen Pace wird es in der Hälfte sein.
Auf der anschliessenden Ebene beim Waldhaus vorbei, konnten wir uns in mitten der Kühe etwas ausruhen, bevor es hoch zum Berghotel Schwarenbach ging.
Zum Teil war der steile Pfad mit Seilen und Leitern gesichert, was ein Kreuzen mit Wanderern nicht einfach machte. Die Luft wurde dünner, aber auf dem Hochplateau war ein leichtes Laufen gut möglich.
Stellenweise lag noch Schnee auf dem Weg, welcher vorsichtig durchquert werden musste. Vor mir kam der Daubensee zum Vorschein, nun war es nicht mehr weit zur Hotel Wildstrubel.
Geschafft und ein phänomenaler Rundblick, Kartoffel Chips auf dem ganzen Tisch verteilt, warme Suppen und zufriedene Gesichter, welche mich in Empfang nahmen. Alle waren oben auf dem Gemmipass wohl angekommen und waren begeistert von der eindrücklichen Strecke.
Nachdem Mittag ging die Route auf der anderen Seite ins Wallis runter nach Leukerbad. Minus 937 Höhenmeter auf nur gerade 3.4 Kilometer. Diese bekannte Strecke – Gemmiweg gennant – macht man normalerweise von unten nach oben und nicht umgekehrt. 150 Tage im Jahr wird dieser Aufstieg als Berglauf in Leukerbad angeboten. Zeitlimit für Herren sind 60 und 65 Minuten für Frauen. Als Belohnung wartet eine gratis Talfahrt und Eintritt in die Leukerbad Therme. Leider war heute keiner dieser 150 Tage und Läufer, welche den Gemmiweg hochkommen suchte man vergeblich. Diese Tatsache liess der Traum Basel-Zermatt zu Fuss zu erreichen platzen…
wäre da nicht die hoffnungsvollen Worte des Angestellten der Gemmibahnen gewesen: «Ihr wärdet scho e Weg finde». Hochmotiviert krachten wir den Berg runter, an Felsen vorbei und mit Kletterkapriolen, um dem Schnee und den Bäumen auszuweichen, welche uns den Weg versperrten. Dass war ein abenteuerlicher Ritt auf dem engen Pfad, der in der Luft zu hängen scheint. Für Christoph war es eine Herausforderung seine Höhenangst bei diesem Tiefblick zu überwinden.
Dies war aber nicht die letzte Stelle, wo Christoph an seine Grenzen stiess. Kurz nach Leukerbad war der Weg mit «Leiterliweg» angeschrieben. Die nächste Station war folglich die genannten Albinenleitern. Über acht Holzleitern, die wie einst erhalten sind, transportierten früher Säumer Waren und landwirtschaftliche Güter. Wir überholten gleich zu Beginn 2 schwergewichtige Säumer. Fast schon um Atem ringend, nahmen diese über 120 Kilo wiegenden Touristen Sprosse um Sprosse der 200 Meter hohen Felswand.
Obwohl ich eigentlich langsam Richtung Albinen unterwegs war, konnte ich auf den Präsi einen kleinen Vorsprung rausholen und ich war alleine Unterwegs. Es ging weiter hoch, was mich verwirrte, denn Leuk musste unten sein. Mein Wasservorrat in meinem Laufrucksack war aufgebraucht und mein Mund war trocken. Wo bleibt die Verpflegungsstelle? Rechts erschien ein kleines Dörfchen und ich hoffte, es sei Leuk. Die entgegenkommenden Wanderer fragte ich, ob es Leuk sei. Die Antwort war Albinen, Leuk sei noch viel weiter unten. Unten, war das Stichwort, mein Knie meldete sich und mir wurde bewusst, dass ich in den letzten 60 Minuten 1200 Höhenmeter vernichtet habe. An den schroff abfallenden Weinbergen und den typischen Walliser Häuser ging es trotz Schmerzen nach Leuk wo Dätti und meine Frau auf mich warteten.
Die Uhr zeigte 45 Kilometer und über 7 Stunden Laufzeit. Bis Raron wären es noch 15 Kilometer gewesen, doch für mich war hier Schluss. Wehmütig blickte ich auf den morgigen Tag, denn an eine weitere Etappe war mit diesem Knie nicht zu denken. Aber die Freude über das erlebte Abenteuer auf einer der schönsten Strecken, die ich je in der Schweiz gelaufen bin, überwog. Ich bin mir sicher, dass ich die letzte Etappe noch dieses Jahr nachholen werde, um mein gestecktes Ziel zu erreichen.
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