Die Streckenwahl ist beim Traillauf entscheidend. Wer einen Stadtmarathon läuft und das Profil der Strecke kennt, weiss ziemlich genau was lauftechnisch auf ihn zukommen wird, auch wenn er noch nie zuvor in dieser Stadt war und die Strecke nicht kennt. Beim Traillauf ist dies komplett anders. Der Strecke kommt ein viel grösseres Gewicht zu als dies bei Strassenläufen der Fall ist.
Für Trailanfänger ist es deshalb immer gut mit Jemanden zu laufen der die Strecke kennt und sie für einen selbst einschätzen kann. Je mehr Läufe im Gelände man selbst macht, desto grösser wird die eigene Erfahrung – lernt auch unbekanntes Gelände besser einzuschätzen.
Gerade wenn man von den Strassenläufen her kommt, sollte man sich auch bei den Distanzen im Klaren sein, dass diese schwer zu vergleichen sind. Ein 10 km Lauf in steilem oder schwierigem Gelände kann locker die doppelte Zeit brauchen wie ein flacher Lauf auf der Strasse. Deshalb ist es beim Traillauf meist besser sich primär an den Laufzeiten zu orientieren und nicht nur an der Streckenlänge.
Zwei Faktoren verlängern die Laufzeiten gegenüber der Strasse, zum einen die Steilheit und zu anderen die Strecke an sich. Denn auch eine flache Strecke die sehr schwer zu laufen ist, kann die Laufzeit massiv erhöhen.
Hoch und Runter
In den Anstiegen ist man meist schon aufgrund der Steilheit langsam unterwegs und etwaige Ausrutscher lassen sich leicht abfangen. Der Puls ist zwar hoch aber die Geschwindigkeit nicht. Die Verletzungsgefahr ist somit eher gering.
Anders wird die Sache beim Bergablaufen. Hier kommt vieles zusammen und die Gefahr eines Sturzes steigt markant an. Da müsst ihr in solchen Passagen voll konzentriert sein, sonst kann es böse enden. Das ist vor allem bei längeren Läufen ein Problem, wenn die Müdigkeit dazukommt. Spätestens wenn ihr ein paar Mal gestolpert seid, solltet ihr euch fragen ob es nicht doch besser ist eine Weile zu gehen. Wenn die schweren Passagen vorbei sind könnt ihr dann wieder normal weiterrennen.
Wer eine solch schwierige Strecke bergabläuft wird schnell merken, dass hier ganz andere Muskelgruppen am Werk sind als bei den normalen Läufen. Deshalb solltet ihr auch hier gemächlich anfangen und euch nicht gleich zu viel zumuten. Die Haltekräfte die in der Oberschenkelmuskulatur benötigt werden müssen erst antrainiert werden.
Wurzeln und Steine
Die Steilheit ist nicht die einzige Hürde die sich dem Trailläufer in den Weg stellt, der Untergrund kann ebenfalls eine gewaltige Herausforderung darstellen. Wurzeln und Steine sorgen ständig dafür dass man den Schuh bzw. den Fuss nicht flach aufsetzen kann wie auf der Strasse. Auch tiefer Sand an einem Strand kann dafür sorgen, dass man deutlich mehr Kraft im Bewegungsapparat braucht um vorwärts zu kommen. Zum einen in den Fussgelenken, da hier deutlich höhere Haltekräfte benötigt werden um nicht umzuknicken, dann aber auch in den Knien, der Hüfte und den Oberschenkeln, die ebenfalls ständig benötigt werden um die vielen Unebenheiten auszugleichen.
Ein ebenfalls nicht zu unterschätzender Faktor sind die Augen. Wer auf einer asphaltierten Strasse rennt die keine Löcher hat muss nicht sehr auf den Untergrund aufpassen und kann seine Energie für das eigentliche Rennen aufsparen. Im Gelände müssen die Augen ständig den Bereich vor den Füssen evaluieren. Kann ich diesen Felsen überspringen? Ist diese Wurzel rutschig, muss ich einen kleinen Umweg rennen? Ist diese Pfütze tief oder kann ich durchrennen? All diese Gedanken brauchen sehr viel mehr Energie als das vielen Läufern bewusst ist. Und gerade gegen Ende längerer Einheiten liegt hier ein Risiko, wenn der Kopf ebenfalls müde wird. Deshalb ist es oft sinnvoll die schweren Passagen an den Anfang eines Laufes zu legen und gegen Ende einfacherers Gelände zu wählen.
Ein Wort zum Wetter…
Was hat dies mit der Strecke zu tun?
Für einen Trailläufer gibt es kein schlechtes Wetter, heisst es immer. Da ist was dran! Im Sommer freut man sich mit wenig Kleidern am Leib viele Strecken richtig schnell laufen zu können. Man weiss, dass die Felsen nicht rutschig sind, weil es tagelang nicht mehr geregnet hat, es liegt kein Laub auf der Strecke, welches die Sicht versperren könnte und man kann es richtig krachen lassen.
Das ändert sich schlagartig wenn es nass wird. Das kann die Bedingungen komplett verändern und felsige und wurzelige Strecke werden extrem rutschig und gefährlich. Die gleiche Strecke die man meint in- und auswendig zu kennen hat plötzlich einen ganz anderen Charakter. Vor allem in den Hügeln des Jura, mit den tonigen Böden ist dies ein echtes Problem. Darauf müsst ihr euch einstellen – wenn ihr versucht persönliche Trainingsbestzeiten zu laufen bei solch widrigen Bedingungen riskiert ihr eure Gesundheit.
Stattdesssen solltet ihr euch mit einem langsameren Lauftempo anfreunden und es geniessen durch den Matsch zu rennen und in Pfützen zu springen und hinterher wie ein paniertes Schnitzel auszusehen. Matschig von oben bis unten – und dann schnell unter die warme Dusche, das kann richtig Spass machen.
Aber eines ist klar, manche Strecken sind bei schlechtem Wetter saumässig gefährlich, vor allem in den hohen Berglagen. So sollte man sich nicht zu schade sein auch auf eine Alternativstrecke auszuweichen. Auch wenn man es sich vorgenommen hat am Wochenende in den Alpen irgendwo hochzurennen. Wenn es matschig und rutschig ist, darf man die Strecken auch gerne verkürzen, denn dann geht die gleiche Strecke die bei Trockenheit gar kein Problem ist plötzlich eine arge Belastung für die Beine dar, weil sie viel extremer ist. Also werden die Laufzeiten plötzlich massiv länger.
Und wenn es gar noch schneit, gelten eh ganz eigene Gesetze. Wer versucht einen «normalen» Longjog im Schnee zu machen überlastet fast unweigerlich seine Beine. Wer bei solchen Trainingbedingungen versucht einen Trainingsplan durchzustieren verliert am Ende mehr als er gewinnt.
Auf Asphalt werden einfach die Schuhe nass wenn es regnet und der Schritt wird dadurch etwas schwerer. Aber im Gelände sollte man sehr wachsam und konzentriert sein gerade bei Regen oder Schnee. Wer öfters auch bei furchtbarem Wetter die Trailschuhe anzieht wird bald merken, dass auch dies eine tolle Abwechslung in den Trainingsalltag bringen kann.
Wenn ihr dann noch Rehe, Gemsen oder sonstige Tiere im Wald seht, steht eurem Läuferglück nichts mehr im Wege.
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