Ironman Italy, Cervia 22. September 2018
Bericht verfasst von Nicola Pini
Den Ironman Italy, welcher am 22. September 2018 in Cervia in der Emilia-Romagna stattfand, habe ich mir dieses Jahr als Saisonhöhepunkt ausgesucht.
Als Vorbereitung verbrachte ich zehn Tage mit Tapering in Cesenatico, wo ich mich an das Schwimmen in der Adria und die ungewohnt hohen Temperaturen gewöhnen konnte. Am Donnerstag vor dem Rennen wechselte ich dann in ein Hotel in Cervia, wo dann auch meine Familie dazu stiess. Nun folgte das übliche Prozedere mit Anmeldung, Race Briefing und Bike Check-in.
Der Samstag startete mit dem Klang des Weckers um vier Uhr morgens und nach einem Frühstück – bestehend aus Reis, Pasta ohne Sauce und Marmeladentoast – machten wir uns auf den Weg zur Wechselzone. Dort packte ich meine Rad- und Laufsachen in die Wechselbeutel, platzierte meine Flaschen am Rad und checkte dieses ein letztes Mal durch. Die Rennleitung hatte am Vortag bereits angekündigt, dass sie Neoprenanzüge möglicherweise trotz der um 0.3 Grad zu hohen Wassertemperatur erlauben würden, da sich die Quallenpopulation durch das warme Wasser rasant vermehrt hatte und die Athleten so ein wenig besser geschützt wären. Am Renntag erfolgte dann der definitive Entscheid, dass Neoprenanzüge zugelassen waren. Ich entschied mich wie die meisten für den Neo und nach einem kurzen Einschwimmen hiess es Einstehen für den Start.
Um 07.30 Uhr starteten die Profis ins Rennen, bevor um 07.45 Uhr der Startschuss für die Age-Grouper ertönte. Alle fünf Sekunden starteten sechs Athleten in den Wettkampf. Etwa um 8 Uhr hiess es dann auch für mich GO. Ich fand relativ schnell einen guten Rhythmus und konnte in meinem Pace schwimmen. Bei den Wendebojen gab es jedes Mal ein kurzes Gerangel und man musste einige Tritte und Schläge – meist unbeabsichtigter Natur – einstecken. Nach etwas mehr als der Hälfte kam ein sogenannter ‚Australian Exit‘ wo man kurz aus dem Wasser ging, etwa 20 Meter über den Strand rannte und dann wieder für den zweiten Teil ins Wasser hechtete. Während des gesamten Schwimmens sah man immer wieder Quallen der Grösse eines Fussballs und hoffte, nicht mit solch einer in Kontakt zu kommen. Nach ziemlich genau einer Stunde konnte ich die erste Disziplin mit den 3.8 Kilometern abschliessen, was für mich eine neue Bestzeit bedeutete.
Der Wechsel aufs Rad gelang reibungslos, wobei die Wechselzone sehr lang war und man daher eine ungewohnt lange Strecke in Radschuhen zurücklegen musste. Auf dem Rad konnte ich das erste Mal seit dem Start des Rennens Energie in Form von Gels mit Erdnuss-Geschmack zu mir nehmen. Ich hatte mich im Vorfeld dafür entschieden, mich während des gesamten Rennens nur von Gels zu ernähren und diese mit Wasser herunterzuspülen, da ich durch Riegel bei Wettkämpfen stets früher oder später Verdauungsprobleme bekommen hatte. Da im Schweiss durch die Hitze und die Anstrengung viele Elektrolyte verloren gehen, musste ich diese mit Salztabletten wieder zuführen, um Krämpfe und andere Symptome zu vermeiden. Auf dem Fahrrad funktionierte diese Strategie sehr gut und so musste ich bei den Verpflegungsstationen nur neue Wasserflaschen nehmen. Die Radstrecke war bis auf einen kurzen Anstieg mit 300 Höhenmetern, welchen wir während der 180 Kilometer zweimal bewältigen mussten, sehr flach. Zweimal die gleiche Runde fahren zu müssen ist stets auch ein psychischer Test, da einem die Kilometer auf der zweiten Runde immer länger erscheinen. Vor allem nahm der Wind im Verlauf des Tages immer mehr zu, was eine zusätzliche mentale Hürde darstellte. Ich versuchte mir jedoch den Wind zum Freund zu machen, indem ich mir sagte, dass die Bedingungen für alle gleich sind. Dies hatte schon in meiner Zeit als Ruderer Wunder gewirkt. Insgesamt erging es mir beim Radfahren jedoch sehr gut und ich konnte den Kurs auch mit einer neuen Bestzeit abschliessen.
Der zweite Wechsel erfolgte wie der erste reibungslos und so fehlte schliesslich nur noch der Marathon. Die Strecke bestand aus einer geschlängelten Runde durch Cervia, welche viermal gelaufen werden musste. Etwa alle zwei Kilometer kam man an einer Verpflegungsstation vorbei, wo Eis, Wasser, Iso, Cola, Gels, Riegel, Bananen und Salziges angeboten wurden. Wie schon auf dem Fahrrad führte ich meine Strategie mit Gels, Wasser und Salz fort und dies funktionierte tadellos. Auf der ersten Runde erging es mir noch sehr gut und ich konnte einen schnellen Pace laufen. Letztendlich kommt bei einem Ironman beinahe jeder Athlet an einen Punkt, wo plötzlich einfach nichts mehr geht und man physisch und psychisch an seine Grenzen stösst. Bei mir war dies nach etwa 15 Kilometern der Fall. Ich wurde langsamer und konnte nichts dagegen machen. Nun hiess es, nicht zu langsam zu werden und sich das Rennen in kleine Stückchen aufzuteilen. Das Ziel war, nicht stehen zu bleiben und zur jeweils nächsten Aid Station zu gelangen, wo es Wasser und Eis gab. Als das Ziel dann noch etwa fünf Kilometer entfernt lag, ging es mental endlich wieder aufwärts und ich wusste, dass ich dem Ende mit jedem Schritt näher kam. Die letzten paar hundert Meter flogen dann nur noch so vorbei und dann war die Ziellinie da.
Nach 9 Stunden 30 Minuten und 41 Sekunden war ich angekommen. Es war ein unbeschreiblicher Moment. Nach dem Erhalten der Finisher-Medaille und einer ausgiebigen Mahlzeit – nach den insgesamt 24 Gels konnte ich etwas Festes zwischen den Zähnen gut gebrauchen – traf ich meine Familie, welche mich während des Wettkampfs lauthals unterstützt hatte. Sie teilten mir mit, dass ich in meiner Kategorie den zweiten Rang belegt hatte. Ich konnte es kaum fassen. Die zahllosen Stunden auf der Rolle und dem Laufband, das Trainieren morgens vor der Arbeit und das ewige Tüfteln über der Trainingsplanung hatten sich also tatsächlich ausgezahlt.
Jedoch war das Rennwochenende noch nicht vorbei, da am Sonntag noch die Siegerehrung und die Slot-Vergabe für Hawaii stattfand. Nach einem ausgiebigen Brunch startete die Siegerehrung etwa um 13 Uhr. Erst waren die Profis an der Reihe, dann folgten die Kategorien dem Alter nach aufsteigend. Wir waren also die ersten, die geehrt wurden und so durfte ich mit dem Erst- und Drittplatzierten die Bühne erklimmen. Das ist einfacher gesagt als getan, da einem am nächsten Tag die Beine beinahe noch mehr schmerzen als beim Wettkampf. Freudestrahlend und unter grossem Applaus konnten wir die hart erarbeiteten Trophäen entgegennehmen.
Nach allen Alterskategorien – es waren 12 an der Zahl – folgte die Slot-Vergabe. Hier werden immer im Vorfeld jeder Alterskategorie eine fixe Anzahl Plätze zugeteilt und der Name des jeweils ersten Athleten wurde aufgerufen, woraufhin sich dieser meist mit einem lauten Freudenschrei bemerkbar macht. Falls er sich nach dreimaligem Aufrufen nicht meldet, kommt der Zweite dran und so weiter. Total waren 40 Plätze für die Ironman-Weltmeisterschaft 2019 in Hawaii zu vergeben und meiner Altersklasse war ein Slot zugeteilt. Nun wurden zuerst alle Plätze der Frauen vergeben von alt nach jung vergeben und zum Schluss folgten die Männer. Somit war meine Kategorie M18 die allerletzte. Die Plätze wurden vergeben und die Halle leerte sich zunehmend, bis schliesslich wir an der Reihe waren.
Der Speaker rief also den Namen des Erstplatzierten auf. Es folgte Stille. Ich bekam Gänsehaut. Ein zweites Mal. Dann ein drittes Mal. Immer noch Stille. Ich war mir bis zu diesem Moment nicht sicher, was dies nun bedeutete, obwohl ich es eigentlich genau wusste. Erst als der Speaker dann sagte: „Representing Switzerland …“ war ich mir sicher. Als mein Name erklang, machte ich mich wie in Trance mit einem breiten Grinsen und Tränen in den Augen auf den Weg zum Podium um meinen Coin entgegenzunehmen. Die Emotionen eines solchen Moments sind kaum in Worte zu fassen. Der passende Kommentar des Speakers: „I like it when we can make grown men cry!“. Es war ein überwältigender Moment und ich konnte es nicht fassen – einer meiner grössten Träume war in Erfüllung gegangen. Ich werde 2019 an den Ironman World Championships in Hawaii teilnehmen!
Ich möchte mich bei all jenen – allen voran meiner Familie – bedanken, die mich stets unterstützt und dies ermöglicht haben. Alleine hätte ich dies sicherlich nicht geschafft, denn in gewisser Weise ist Triathlon eben doch ein Teamsport.
Stoooolz, der LSVB hat einen Ironman Hawaii Runner. Ich bin fast sicher, dass das Trainingslager in Ettenheim die gute Basis gelegt hat 😉 Herzliche Gratulation! und danke für den tollen Bericht, der sehr guten Einblick in diese Disziplin gibt.