Bericht von Reto Hiss
Der fast schon traditionelle Vereinsausflug führte uns in diesem Jahr nach Frankreich, ins 30 km entfernte Ferrette.

Ferrette, zu deutsch Pfirt, ist heute ein Dorf mit knapp 1000 Einwohnern. Es liegt im Sundgauer Hügelland, welches zum Département Haut-Rhin gehört.
Der Ort entstand im 11.Jh. unter den Habsburgern. Davon zeugen noch 2 Burgruinen, welche sich auf einem Felsen über dem Ort erheben. Früher hatte Ferrette einen städtischen Charakter. Davon zeugt noch das prächtige Renaissance Rathaus. Im Ortsbild findet man Häuser im typischen Sundgauer Fachwerkstil.
Unser Ausflug hatte aber keine Ortsbesichtigung zum Ziel. Wir wollten den Lauf «Les courses de Ferrette» bestreiten. Dieser hatte den Ausgangspunkt bzw. das Ziel in Vieux Ferrette (Altpfirt), welches ein wenig westlich von Ferrette liegt. Der Ort entstand im 7. Jh. und geht auf die Alemannen zurück. Er zählt heute ca. 600 Einwohner. Bis 1953 gab es eine Eisenbahnverbindung der SNCF, wovon heute als Erinnerung an einem Verkehrskreisel Eisenbahnschwellen und Radachsen aufgestellt sind.
Die Veranstaltung «Les courses de Ferrette» besteht aus 2 verschiedenen Laufstrecken, welche als gemeinsames Ziel die Sportanlagen von Vieux Ferrette haben. Ein 12 km Lauf, die «Ferrettoise», startet in Vieux Ferrette und führt nach Norden über Durmenach – Bouxwiller wieder zurück nach Vieux Ferrette, wobei im zweiten Abschnitt zwischen Bouxwiller und Vieux Ferrette eine Steigung zu bewältigen ist. Der Halbmarathon (semi marathon) startet in Lutter, das südlich von Ferrette liegt. Er führt über Raedersdorf, Ligsdorf, Durlinsdorf, Moernach, Koestlach zurück nach Vieux Ferrette. Zwischen Raedersorf und km 11 galt es eine Steigung von ca. 130m zu überwinden. Beide Läufe finden auf der Strasse statt, wobei diese verkehrsfrei gehalten wird.
Die Anmeldung zur diesjährigen Vereinsfahrt bzw. zum Lauf selber war anfänglich etwas erschwerend, da der Veranstalter ein ärztliches Zeugnis von jedem verlangte. Dies ist offensichtlich in Frankreich so üblich bei Laufveranstaltungen. Es führte aber dazu, dass die Anmeldungen am Anfang nur spärlich eingingen. Für mich wäre der Aufwand auch zu gross gewesen, für einen solchen Lauf ein ärztliches Zeugnis zu besorgen. Als sich Reto Immoos bereit erklärte, für alle dieses administrative Prozedere zu übernehmen, meldete ich mich dann auch an. So kamen 33 aktive Läuferinnen und Läufer des LSVB zusammen dazu noch einige Begleitpersonen. 18 bestritten den Halbmarathon und 15 nahmen am 12 km Lauf teil.
Meine läuferische Vorbereitung war nicht ganz optimal. Ich schaffte es nicht, mehr als 2 mal pro Woche zu trainieren. Eine Woche vorher machte ich noch einen intensiven Berglauf und am Dienstag einen Schwellenlauf (2x5km und 1x3km im 4‘30 Tempo) mit Ralf Behrend. Danach ruhte mein Training bis zum Lauftag. Ich bemühte mich aber, die äusseren Umstände möglichst günstig zu gestalten. So informierte ich mich über den genauen Streckenverlauf. Weil die Karte auf der Homepage des Veranstalters nicht viel hergab, druckte ich mir eine Karte im Massstab 1:50‘000 (map.geo.admin.ch) aus. So weit möglich erstellte ich mir ein kleines Höhenprofil. Dies ergab, dass die Strecke zuerst 1,5 km fällt und danach bis km 11 um 130m steigt, dann wieder stark abfällt. Bis zum Ziel schien es dann eher flach zu sein. Ich setzte mir ein realistisches Zeitziel: Minimalziel 1h 40, Maximalziel 1h 37. Mehr schien mir mit meinem Trainingsstand unrealistisch. Zudem hatte ich im Sinn, den Lauf und die Landschaft auch geniessen zu können und nicht nach dem Motto «Gring ache u seggle» zu bestreiten mit dem Resultat am Schluss völlig ko zu sein. Am Vorabend kochte ich mir eine ausgiebige Pasta und am Morgen vor der Abfahrt genoss ich ein reichhaltiges Birchermüesli. Das Cola und die Banane nahm ich mit für eine Stunde vor dem Start.
Als ich am Sonntagmorgen um 7.55 bei der Abfahrtstelle eintraf, war schon mindestens die Hälfte der Teilnehmer anwesend. Der gelbe Bus der BLT (Extrafahrt) bog auch schon um die Ecke, so dass wir gleich einsteigen konnten. Um 8.20 ging die Fahrt los. Sie startete bei dichtem Nebel. Doch schon bald nach der Grenze, als wir ins Sundgauer Hügelland einbogen, verflüchtigten sich die letzten Nebelschwaden und machten einem strahlend blauen Himmel Platz. Im Bus konnte uns Reto Immoos (dank Doris Lüscher) schon die Startnummern verteilen. Dazu gab es für jeden Aktiven ein T-Shirt vom Veranstalter (das für 10 Euro Startgebühr!! alles inkl.). Kurz vor Ferrette trafen wir auf eine Strassensperre, welcher unser Busfahrer aber umfahren konnte, so dass wir um 9.30 in Vieux Ferrette eintrafen. Dort wurden wir von Yvonne und Claudio Turi empfangen, welche selbst anreisten. Die Teilnehmer des 12 km Laufes verliessen nun den Bus und der Rest wurde nach Lutter gefahren. Hier stiess nun auch noch Graziella zu unserer Truppe. Sie wurde von Andi Dettwiler hergebracht. Da der Chauffeur sein Gefährt wieder in die Schweiz bringen musste, nahmen wir unser Gepäck mit. Dieses konnten wir am Start in Lutter abgeben, von wo es durch den Organisator zum Ziel gebracht wurde. Nachdem jeder noch sein übliches Geschäft erledigt hatte und kurz eingelaufen war, konnte es eigentlich losgehen mit dem Halbmarathon.
Doch etwa 3 Minuten vor der Startzeit um 10.30 meldete der Speaker, dass es noch zu Verzögerungen komme (à cause des problèmes techniques). Ok! Das kann ja gut werden. Am Start herrschte eine lockere Atmosphäre: keinerlei Gedränge, es waren ja nur etwa 180 Läuferinnen und Läufer am Start. Nach einer Weile des Wartens dann plötzlich ein Knall (ohne Ankündigung). War das der Startschuss? Ja! Alle liefen los. Schon nach 100m konnte man sein eigenes Tempo laufen. Von den vor mir gestarteten LSVBler (Micheal M, Martin W., Reto V. und Yvonne T.) sah ich bald nichts mehr. Eine Weile lief ich noch mit Samuel, der aber nach 3 km meinem Tempo nicht mehr folgen konnte. Die Strecke führte wie erwartet am Anfang abwärts, so dass man richtig beschleunigen konnte. Meine Strategie war, bis zum Km 11 etwa 2 Minuten auf den 5er Schnitt herauszuholen (d.h. 53 Minuten bis km 11) und dann auf den abfallenden Strecken bis ins Ziel zu beschleunigen. Nach einem km zeigte meine Uhr 4’11, bei km 2 8’38. Das war über meinen Erwartungen, doch nun folgte der «Aufstieg». Dieser war aber bei Weitem nicht so steil wie angenommen. Es gab sogar dazwischen wieder kurze Gefälle.
In den Ortschaften wurden die Läufer von der einheimischen Bevölkerung kräftig angefeuert. Das Laufen war sehr angenehm, weil es immer wieder schattenspendende Bäume gab. Die Strasse verlief in einem idyllischen Tälchen. So wurde mein Zeitvorsprung gegenüber dem Zeitplan immer grösser. Bei km 11 zeigte meine Uhr 51‘40. Somit hatte ich schon über 3 Minuten Vorsprung auf den 5er Schnitt. Doch ich musste 5’30 gutmachen, um mein Minimalziel zu erreichen. Nach der Überquerung einer Hauptstrasse (durch Kadetten gesichert) ging es nun wie erwartet steil bergab. Dort konnte ich dann wesentlich Zeit gewinnen. Bei km 13 hätte es fast eine Havarie gegeben. Als ich die Strassenseite wechseln wollte, hörte ich plötzlich ein Rauschen von hinten. Ich schaute rückwärts: ein Velofahrer brauste mit hohem Tempo rechts an mir vorbei und ich konnte gerade noch einen Sprung nach links machen um einen Unfall zu vermeiden.
Bei Durlinsdorf (km14) hatte ich bereits ca. 6’30 Vorsprung. Doch dann kam die Überraschung: die Strecke begann wieder zu steigen. Ich spürte auch schon die zurückgelegten Kilometer in den Beinen. Die Schattenbäume fehlten auch und es wurde immer wärmer. Kurz vor Moernach spürte ich dann plötzlich ein leichtes Hungergefühl. Schnell nahm ich 2 Traubenzuckertabletten, welche ich als Notreserve mit nahm, zu mir. Meine Beine wurden immer schwerer und es schien mir, als würde ich an Ort treten. Ich begnügte mich damit, den 5er Schnitt zu halten. Trotzdem konnte ich noch ein paar Läufer überholen, denen es wahrscheinlich noch schlechter erging. Nach Koestlach etwa bei km 18 erkannte ich von weitem einen Läufer in blau/weissem TShirt. War das etwa ein LSVBler und wenn ja, wer wohl? Ich kam immer näher an ihn ran und erkannte dann, dass es sich um meinen Namensvetter Reto Vögtlin handeln muss. Ich war bald auf gleicher Höhe und merkte, dass er ziemlich am Ende seiner Kräfte war. So überholte ich ihn. Etwa 700m vor dem Ziel noch der Hammer: nochmals eine Steigung. Also nichts mit Schlussspurt.
Kurz vor dem steilabfallenden Zieleinlauf hörte ich dann die Anfeuerungsrufe von Heiri. Diese verliehen mir Flügel und ich bin förmlich ins Ziel hinuntergeflogen. Als ich auf meine Uhr schaute war ich voll zufrieden: 1h 37‘ 15. Das war viel schneller als ich mir erträumen konnte. Nach 30 s lief auch Reto Vögtlin ein. Nun konnte ich die reichhaltige Verpflegung (Dörrfrüchte Orangen, Riegel, Kuchenstücke, diverse Getränke) am Ziel geniessen. Der Lauf war sehr vorbildlich und mit viel Liebe organisiert. Auf der Stecke gab es 4 Verpflegungsposten (km 4, 9, 13, 18). Diese wurden 500m vorher angekündigt. Was dort angeboten wurde kann ich leider nicht sagen, da ich während des Laufens nichts Essen und trinken konnte. Dazu müsste ich anhalten, was aber mit einem Zeitverlust verbunden wäre. Auch die gut sichtbaren Kilometertafeln waren lückenlos vorhanden.
Der Gepäcktransport klappte. Nach einer warmen Dusche begaben wir uns in die Turnhalle, wo man sich zu günstigen Preisen verpflegen konnte. Mit einer halben Stunde Verspätung begann die Rangverkündigung. Zu Beginn wurden in aller Länge die Sponsoren geehrt, was wohl niemand wirklich interessierte. Es war deshalb ziemlich unruhig in der Halle, so dass man auch kaum etwas verstand. Zudem wurde noch französisch gesprochen. Zuerst waren die Teilnehmer der Ferrettoise (12km) dran. Hier gab es vom Verein nur für Annemarie Emmenegger einen Preis. Sie wurde Dritte in ihrer Kategorie und gewann ein Glas Honig, an welchem sich auch Heiri erfreuen konnte. Beim Halbmarathon belegten in der Gesamtwertung vier dunkelhäutige Läufer die ersten 4 Plätze bei den Herren. Bei den Damen konnte aber Yvonne Turi mit einer sensationellen Zeit von 1:28‘ 39 den 3. Rang erreichen und einen Geldpreis abholen. In den Kategorien kamen noch Graziella, Pia und Reini Mathis zu Ehren. Alle andern gingen leer aus.
Am meisten enttäuscht darüber war wohl Michael Misteli, der trotz der besten LSVB Zeit (1:26’15) keinen Preis erhielt. Das ist eben das Schicksal, wenn man in der läuferstärksten Kategorie (40-50) starten muss, so wie ich auch. Aber ich glaube, dass trotzdem alle zufrieden waren. Schon gedruckte Ranglisten wurden noch vor der Rangverkündigung verteilt. Daraus war ersichtlich, dass ich auf dem Gesamtrang 50 und mein Namensvetter gleich dahinter platziert war. Damit hatte ich ein weiteres Ziel nämlich in die erste Hälfte der Rangliste zu kommen, (180 Klassierte) erreicht.
Anschliessend fuhren wir mit unserem Bus zum Golfplatz von La Largue. Dort wurde zu Flammekueche ein Cüpli serviert. Weil es draussen so heiss war, genossen die meisten dieses in den kühlen Sofas im Innern des Gebäudes. Dann folgte das (Mittag/Nacht?) Essen. Nach einem erfrischenden Salat konnte man sich auf das Pasta Buffet stürzen. Drei verschiedene Sorten Teigwaren (Spaghetti, Tortellini, Ravioli) mit 3 Saucen (Tomaten, Fleisch, Pilz/Schinken). Das Dessertbuffet wurde von Reto Immoos eröffnet. Es bot eine grosse Auswahl an Kuchen und eine Art Eischnee mit Vanillesauce. Um 18.30 war die Zeit für die Rückfahrt gekommen. Die letzten Sonnenstrahlen begleiteten uns auf der Heimfahrt, welche um 19.40 wieder am Ausgangspunkt endete. Geblieben sind schöne Erinnerungen an einen herrlichen Tag. Eben «scheen isch es gsi». Bis zum nächsten Jahr in…?

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