Bericht verfasst von Kurt Bieri
Warum meldet man sich nur bloss für diesen Glacier 3000 Lauf an? Mehr als 2000 Höhenmeter auf nur gerade 26 Kilometer sieht nach allem anderen aus als leicht. Doch der Veranstalter verkauft den Lauf mit einem einzigartigen Erlebnis auf dem Gletscher. Dies war das ausschlaggebende Argument mich anzumelden. Heute war der Tag da. Gut vorbereitet, mit einigen Jura Top Tour Läufen in den Beinen, ging es an den Start. Das Wetter war sehr gut, fast schon zu warm mit 21 Grad um 10 Uhr Vormittags. Über 600 Läufer versammelten sich im Startblock, darunter auch die Damen-Elite vom LSVB Sandrine und Andrea, welche Ambitionen auf einen Platz in den vorderen Rängen haben. Meine Taktik war klar, die ersten relativ flachen 15 Kilometer in 90 Minuten durchbringen und danach gemächlich den Anstieg bewältigen. Los geht’s!
Start
Die ersten Kilometer gingen durch das rustikale Gstaad bevor die Strecke sich am Bach durch das Tal schlängelte. Nach den ersten 5 Kilometer war klar, dass es richtig heiss wird. Viel Trinken war angesagt und somit stoppte ich beim ersten Verpflegungsposten, um Wasser aufzutanken. Beim Schild Kilometer 8 stand darunter «23.8 km». Da der Glacier 3000 Lauf dieses Jahr das zehnte Mal ausgetragen wird, gab es zum Jubiläum die Marathon Distanz zur Auswahl (mit gesamthaft 2750 Höhenmeter). Dieser Marathon wurde als härtester Marathon der Schweiz 2017 gewählt. Ab nun ging es leicht hoch und runter bis nach Gsteig. Nach dem Dorf begannen dann die ersten steigenden Trails. Dabei wurde mir klar, dass ich die angepeilten 90 Minuten nicht schafen kann, weil etliche Läufer von Laufen auf Wandern umgestiegen sind und somit die Wege blockierten. In Reusch war die Hölle los, die Leute standen Spalier, schreiten und feuerten die Läufer an. Unter den Menschenmassen konnte ich mein Supporterteam ausfindig machen, mit 1 Stunde 36 Minuten ging ich über die erste Matte (km 15.6) – passt.
Kilometer 8
Vor meinem geistigen Auge analisierte ich das verinnerlichte Höhenprofil – Anstieg bis Oldenegg ca. 900 Höhenmeter auf 5 Kilometer. Ich leitete den Wandermodus ein, als der Anstieg kam. Ich sagte mir, die nächsten 60 Minuten wird gewandert. Ich blickte nach oben und sah die Läufer, die sich bis fast ins unendliche den Berg hoch schlängelten. Immer wieder kamen von hinten Leute angerannt und versuchten das steile Stück zu rennen. Der Sonne ausgesetzt marschierte ich Schleife um Schleife hoch. Nach gut einer Stunde wandern war ich an der Station Oldenegg. Dort im Schatten wartete auch schon meine Fangemeinschaft auf mich und hielt mir Getränke entgegen. Schon etwas von der Hitze erschöpft, war das genau das Richtige für mich. Weiter ging es links an der Bergstation vorbei. Statt breiter Kiesweg ging ein felsiger Pfad steil nach oben. Jetzt kommt die technisch anspruchsvolle Passage, dachte ich mir. Fast auf allen Vieren nahm ich Stufe um Stufe. Der Puls ging hoch. Boah, nur noch steil, steil und nochmal steil. Die Kilometer wurden nun in Halbkilometer Abständen markiert. Verständlich, wann man für die hälfte eines Kilometers fast doppelt solange braucht wie für einen flachen Kilometer. Immer wieder musste ich die Kletterei für einige Augenblicke unterbrechen, um einerseits den Puls wieder in einen normalen Bereich zu bringen, und andererseits die dünngewordene Luft zu kompensieren. Dabei genoss ich das tiefe und weite Panorama. Herrlich!
Panorama
Etliche Mitläufern haben sich solche kurze Auszeiten auch gegönnt, aber die meisten von denen unfreiwillig, weil sie Krampferscheinungen hatten. Immer wieder hat man die Läufer gehört, «Geit’s?» oder «Alles guet?», wenn sie an einem Stehengeblieben vorbeigezogen sind.
Meine Motivation war nur noch den Gletscher zu erleben. Richtig hart war der Anstieg bis Cabane. Dort winkte mir mein Junge mit der Berner Fahne entgegen und feuerte mich an. Auf den letzten 3 Kilometer kommt der Gletscher, da wird es bestimmt kalt und windig, dachte ich. Ich streifte mir mein ärmelloses Shirt ab und zog mir ein langärmliges Laufshirt über. Weiter ging es auf einem Hochgebirgspfad.
Gebirgspfad
Loser Schutt und Geröll säumten den Weg auf den nächsten steilen 250 Höhenmeter. Optimales Schuhwerk habe ich nicht, merkte ich, während ich mehrmals wegrutschte. Fast schon auf allen Vieren kraxelte ich dieses steile Stück hoch und steckte oben angekommen meinen Kopf in das eiskalte Gletscherwasser, welches über die Klippe in die Tiefe stürzte. Endlich mal wieder etwas flacher ging es zum Gletscher rüber. Das grosse Highlight war gekommen – laufen auf dem Gletscher – die Müdigkeit verschwand. Mit grossen Schritten ging es über die Eisfläche, ein Teppich von Wasser überzog die glänzende Eisschicht und man musste vorsichtig sein nicht in eines der Wasserlöcher zu treten oder weg zu rutschen.
Glacier 3000
Schon bald merkte ich wie die Füsse kühler wurden und sich das Gletscherwasser sich in meinen Schuhen bemerkbar machte. Durch Schlamm und Dreck verlasse ich den Gletscher und es steht der letzte steile Kilometer bevor. Man sieht schon von der Ferne das Zielgelände, aber auch der Blick zurück auf den schmelzenden Gletscher ist eindrücklich. Die letzten Stufen erklimmend und mit unterstützenden Zurufe von Sandrin und Piero kommt vor mir das Ziel. Geschafft und ein überwältigendes Erlebnis.
Ziel

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